Dienstag, 1. April 2014

Alles Banane!


„Dülüpdüdüü dülüpdüdü dülüpdü-düüü!!!“ stimmt Hildegard an. Mr. Mushroom, mit zum feierlichen Anlass frisch poliertem Panzer und geschliffenen Stacheln, die im Licht des Overhead-Projektors gefährlich aussehende Schatten an die Wand werfen, räuspert sich: „Wir haben uns heute alle hier versammelt, um Ruhm und Ehre zu erlangen …ööhem hust …den Ruf der Psychologie als empirisch fundierte, methodisch exzellente und ethisch einwandfreie Wissenschaft wiederherzustellen. Von narzistischen und inkompetenten Professoren im Strudel der Selbstüberschätzung schlecht geplante und von unmotivierten Hilfskräften und verzweifelten, aber ahnungslosen BachelorstudentInnen durchgeführte Videospielstudien waren gestern – heute werden wir einen neuen Meilenstein in der Geschichte der Psychologie schaffen!!!“
Hildegard wendet sich Willi zu, der es sich gerade in seinem grünen, schon etwas matten Panzer bequem gemacht hatte: „Was ist denn auf einmal mit dem los?! So kennen wir ihn ja gar nicht… Ah, ich weiß,“ fährt sie aufgeregt fort, „vermutlich war er sein ganzes Leben lang Symptomträger eines dysfunktionalen Familiensystems…es gab in seiner Familie keine Autoritätsperson, weshalb er diese Rolle schon früh übernehmen musste, dabei haben sich nicht nur leicht pedantische und rechthaberische Züge eingeschlichen, nein, durch zahlreiche Übertragungseffekte setzte sich dieses Muster auch in anderen Bereichen seines Lebens fort, jetzt jedoch …“ „Unsinn!“ zischt es von hinten. Ruckartig dreht Hildegard sich um, um zu sehen, wer ihr da widerspricht, unterschätzt dabei jedoch die Ausmaße ihres Pilzkopfes und bringt Barbaras Diadem gefährlich ins Wanken. Diese fährt jedoch unbeirrt fort: „Er wurde als Jugendlicher von den anderen nicht akzeptiert, fand keine Peer-Group und dann kam auch noch eine persönliche Krise: er wurde in einer Klassenarbeit unfair bewertet! Da kein KIT-Team zur Stelle war, das ihn bei der Bewältigung dieses schwierigen und belastenden Ereignisses hätte unterstützen können, entwickelte er maladaptive Coping-Strategien, die schließlich dazu führten, dass er seine eigenen StudentInnen mit diesen lächerlichen 4 Fragen-Prüfungen malträtierte.“ „Ruhe!“ flüstert Florian aus der ersten Reihe und rückt seine Kappe zurecht. Seine Augen blitzen. „Es geht gleich los!“ „… heiße euch willkommen zu unserem neuen Projekt >>Der Effekt organischer Störvariablen auf die Leistung in einer gewinnorientierten, kognitiv und motorisch anspruchsvollen und emotional herausfordernden Aufgabe im Mehr-Personen-Setting<<!“ tönt es krächzend aus den veralteten Lautsprechern. „Mögen die Spiele beginnen!“
Während einen Moment zuvor noch alle geordnet auf ihren Plätzen saßen, springt nun jeder auf und stürmt zu dem ihm zugewiesenen Fahrzeug. Barbaras lange blonde Haare flattern im Wind und verfangen sich beinahe in Mr. Mushrooms Stacheln als sie - so schnell es ihr in ihrem langen, rosa Kleid möglich ist – Richtung Startbahn sprintet. Auch Hildegard hechtet mit ungewohntem Elan zu ihrem Gefährt. Florian sichert sich noch vor seinem Doppelgänger in Grün die vorderste Position und sogar Mr. Mushroom – ganz in seinem Element - legt seine übliche Behäbigkeit ab und schwingt sich auf den Fahrersitz. Karl ist – angesichts der Tatsache, dass er und Willi die letzten beiden Plätze belegen – leicht verärgert und schnaubt hörbar durch die Nüstern, wobei kleine Rauchwölkchen entstehen. Willi, von Natur aus sozial, tangiert das ganze Konkurrenzgehabe persönlich weniger und er macht es sich voller Vorfreude auf spannende Gruppenprozesse und –dynamiken in seinem Fiat 500 bequem. Neben ihm auf dem Beifahrersitz befindet sich ein Korb, den er, als alle anderen mit Vorbereitungen beschäftigt waren, unbemerkt hineingeschmuggelt hat.
Da schwebt auch schon die Wolke mit dem undefinierbaren Wesen, das nicht nur eine Ampel im Gepäck hat, sondern auch in verschiedensten Notlagen wie Abstürzen in unsichtbare Gefilde zur Stelle ist, herab. Rot – rot – GRÜN! Florian legt einen Turbo Start hin - niemand weiß wie er das genau gemacht hat - seinen Doppelgänger im Schlepptau. Mr. Mushroom kommt nicht ganz so schnell vom Fleck, nimmt jedoch zusehends an Fahrt auf. Der Rest der Gruppe drängelt sich dicht hinter den ersten beiden. Schon erreichen alle die Fragezeichen-Felder und bekommen von einer Gruppe unterbezahlter StudentInnen randomisiert ausgewählte Objekte zugeworfen. Florian freut sich über einen Pilz, Hildegard platziert einen grünen Panzer neben sich und Mr. Mushroom – derzeit als letzter im Rennen – erntet einen Blitz. Auch zwei rote Panzer und eine Feder wurden vergeben. Während alle damit beschäftigt sind, einen geeigneten Zeitpunkt für den Einsatz ihrer Items abzupassen und gleichzeitig im Rennen zu bleiben und die anderen zu überholen, bereitet Willi, der sich unauffällig und sicher im Mittelfeld bewegt, sein ganz eigenes Experiment vor. Der Ansatz der gemeinsam geplanten Studie erschien ihm interessant, jedoch verbesserungswürdig sowie etwas spießig und langweilig und so machte er es sich, mit der ihm eigenen Lust an der Provokation, zur Aufgabe, der Gruppe etwas Feuer unter dem Hintern zu machen und das volle (Konflikt-)Potential der Situation zu nutzen. Er öffnet den Deckel des Korbes neben ihm auf dem Beifahrersitz und zum Vorschein kommt das Mittel zur Verwirklichung seines Plans. Aufgrund seines hohen Sympathiewertes war es ihm ein Leichtes sie von den zuständigen StudentInnen unter höchster Verschwiegenheit zur Verfügung gestellt zu bekommen – nicht jedoch ohne sich vorher vertraglich zu verpflichten auf den nächsten zehn Psychoparties als DJ zur Verfügung zu stehen – fast wäre jedoch jemand wegen des intensiven Geruchs, der aus seinem kleinen Fiat strömte, misstrauisch geworden, die Erklärung mit dem Bananen-Duftbäumchen der früheren Besitzerin räumte dann aber zum Glück alle potentiellen Verdachtsmomente aus dem Weg. Willi greift nach einer Bananenschale, setzt zum Wurf an und das Experiment, das noch jahrzehntelang Erwähnung in allen Lehrbüchern der Psychologie finden wird und schließlich mit Moritz Bleibtreu als Mario, Nora Tschirner als Luigi, Matthias Schweighöfer als Peach, Til Schwaiger als Toad, Ingo Naujoks als Koopa, Richy Müller als Yoshi und Bjarne Mädel als Bowser verfilmt wird, nimmt seinen Lauf…