„Dülüpdüdüü dülüpdüdü dülüpdü-düüü!!!“ stimmt Hildegard an. Mr.
Mushroom, mit zum feierlichen Anlass frisch poliertem Panzer und geschliffenen
Stacheln, die im Licht des Overhead-Projektors gefährlich aussehende Schatten
an die Wand werfen, räuspert sich: „Wir haben uns heute alle hier versammelt,
um Ruhm und Ehre zu erlangen …ööhem hust …den Ruf der Psychologie als empirisch
fundierte, methodisch exzellente und ethisch einwandfreie Wissenschaft
wiederherzustellen. Von narzistischen und inkompetenten Professoren im Strudel
der Selbstüberschätzung schlecht geplante und von unmotivierten Hilfskräften und
verzweifelten, aber ahnungslosen BachelorstudentInnen durchgeführte
Videospielstudien waren gestern – heute werden wir einen neuen Meilenstein in
der Geschichte der Psychologie schaffen!!!“
Hildegard wendet sich Willi zu, der
es sich gerade in seinem grünen, schon etwas matten Panzer bequem gemacht
hatte: „Was ist denn auf einmal mit dem los?! So kennen wir ihn ja gar nicht… Ah,
ich weiß,“ fährt sie aufgeregt fort, „vermutlich war er sein ganzes Leben lang
Symptomträger eines dysfunktionalen Familiensystems…es gab in seiner Familie
keine Autoritätsperson, weshalb er diese Rolle schon früh übernehmen musste,
dabei haben sich nicht nur leicht pedantische und rechthaberische Züge
eingeschlichen, nein, durch zahlreiche Übertragungseffekte setzte sich dieses
Muster auch in anderen Bereichen seines Lebens fort, jetzt jedoch …“ „Unsinn!“
zischt es von hinten. Ruckartig dreht Hildegard sich um, um zu sehen, wer ihr
da widerspricht, unterschätzt dabei jedoch die Ausmaße ihres Pilzkopfes und bringt
Barbaras Diadem gefährlich ins Wanken. Diese fährt jedoch unbeirrt fort: „Er
wurde als Jugendlicher von den anderen nicht akzeptiert, fand keine Peer-Group
und dann kam auch noch eine persönliche Krise: er wurde in einer Klassenarbeit
unfair bewertet! Da kein KIT-Team zur Stelle war, das ihn bei der Bewältigung
dieses schwierigen und belastenden Ereignisses hätte unterstützen können,
entwickelte er maladaptive Coping-Strategien, die schließlich dazu führten,
dass er seine eigenen StudentInnen mit diesen lächerlichen 4 Fragen-Prüfungen
malträtierte.“ „Ruhe!“ flüstert Florian aus der ersten Reihe und rückt seine
Kappe zurecht. Seine Augen blitzen. „Es geht gleich los!“ „… heiße euch
willkommen zu unserem neuen Projekt >>Der Effekt organischer Störvariablen
auf die Leistung in einer gewinnorientierten, kognitiv und motorisch
anspruchsvollen und emotional herausfordernden Aufgabe im Mehr-Personen-Setting<<!“
tönt es krächzend aus den veralteten Lautsprechern. „Mögen die Spiele beginnen!“
Während einen Moment zuvor noch alle geordnet auf ihren Plätzen saßen, springt nun
jeder auf und stürmt zu dem ihm zugewiesenen Fahrzeug. Barbaras lange blonde
Haare flattern im Wind und verfangen sich beinahe in Mr. Mushrooms Stacheln als
sie - so schnell es ihr in ihrem langen, rosa Kleid möglich ist – Richtung Startbahn
sprintet. Auch Hildegard hechtet mit ungewohntem Elan zu ihrem Gefährt. Florian
sichert sich noch vor seinem Doppelgänger in Grün die vorderste Position und sogar
Mr. Mushroom – ganz in seinem Element - legt seine übliche Behäbigkeit ab und
schwingt sich auf den Fahrersitz. Karl ist – angesichts der Tatsache, dass er
und Willi die letzten beiden Plätze belegen – leicht verärgert und schnaubt hörbar
durch die Nüstern, wobei kleine Rauchwölkchen entstehen. Willi, von Natur aus
sozial, tangiert das ganze Konkurrenzgehabe persönlich weniger und er macht es
sich voller Vorfreude auf spannende Gruppenprozesse und –dynamiken in seinem
Fiat 500 bequem. Neben ihm auf dem Beifahrersitz befindet sich ein Korb, den
er, als alle anderen mit Vorbereitungen beschäftigt waren, unbemerkt
hineingeschmuggelt hat.
Da schwebt auch schon die Wolke mit dem undefinierbaren
Wesen, das nicht nur eine Ampel im Gepäck hat, sondern auch in verschiedensten
Notlagen wie Abstürzen in unsichtbare Gefilde zur Stelle ist, herab. Rot – rot –
GRÜN! Florian legt einen Turbo Start hin - niemand weiß wie er das genau
gemacht hat - seinen Doppelgänger im Schlepptau. Mr. Mushroom kommt nicht ganz
so schnell vom Fleck, nimmt jedoch zusehends an Fahrt auf. Der Rest der Gruppe
drängelt sich dicht hinter den ersten beiden. Schon erreichen alle die
Fragezeichen-Felder und bekommen von einer Gruppe unterbezahlter StudentInnen
randomisiert ausgewählte Objekte zugeworfen. Florian freut sich über einen Pilz,
Hildegard platziert einen grünen Panzer neben sich und Mr. Mushroom – derzeit als
letzter im Rennen – erntet einen Blitz. Auch zwei rote Panzer und eine Feder wurden
vergeben. Während alle damit beschäftigt sind, einen geeigneten Zeitpunkt für
den Einsatz ihrer Items abzupassen und gleichzeitig im Rennen zu bleiben und
die anderen zu überholen, bereitet Willi, der sich unauffällig und sicher im
Mittelfeld bewegt, sein ganz eigenes Experiment vor. Der Ansatz der gemeinsam
geplanten Studie erschien ihm interessant, jedoch verbesserungswürdig sowie
etwas spießig und langweilig und so machte er es sich, mit der ihm eigenen Lust
an der Provokation, zur Aufgabe, der Gruppe etwas Feuer unter dem Hintern zu
machen und das volle (Konflikt-)Potential der Situation zu nutzen. Er öffnet
den Deckel des Korbes neben ihm auf dem Beifahrersitz und zum Vorschein kommt das
Mittel zur Verwirklichung seines Plans. Aufgrund seines hohen Sympathiewertes
war es ihm ein Leichtes sie von den zuständigen StudentInnen unter höchster
Verschwiegenheit zur Verfügung gestellt zu bekommen – nicht jedoch ohne sich
vorher vertraglich zu verpflichten auf den nächsten zehn Psychoparties als DJ
zur Verfügung zu stehen – fast wäre jedoch jemand wegen des intensiven Geruchs,
der aus seinem kleinen Fiat strömte, misstrauisch geworden, die Erklärung mit
dem Bananen-Duftbäumchen der früheren Besitzerin räumte dann aber zum Glück
alle potentiellen Verdachtsmomente aus dem Weg. Willi greift nach einer
Bananenschale, setzt zum Wurf an und das Experiment, das noch jahrzehntelang
Erwähnung in allen Lehrbüchern der Psychologie finden wird und schließlich mit
Moritz Bleibtreu als Mario, Nora Tschirner als Luigi, Matthias Schweighöfer als
Peach, Til Schwaiger als Toad, Ingo Naujoks als Koopa, Richy Müller als
Yoshi und Bjarne Mädel als Bowser verfilmt wird, nimmt seinen Lauf…